Wie Verdauungsbeschwerden Muskelspannung verändern und was neurozentriertes Training bewirken kann.
Darmbeschwerden und Rückenschmerzen – was der Psoas damit zu tun hat
Viele Patient:innen mit wiederkehrenden Rückenschmerzen berichten im Gespräch auch über Verdauungsprobleme – Völlegefühl, Blähungen, wechselnde Stuhlkonsistenz oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Häufig werden diese Themen getrennt voneinander betrachtet. Doch in der Praxis zeigt sich: Darm und Rücken stehen funktionell enger in Verbindung, als man vermutet.
Der Psoas als Brücke zwischen Darm und Wirbelsäule
Der Darm liegt im Bauchraum eingebettet zwischen Faszien, Muskeln und Bindegewebe. Eine Reizung oder Entzündung im Verdauungssystem verändert die Spannung dieser Strukturen und damit auch das muskuläre Gleichgewicht im Rumpf. Besonders betroffen ist der Musculus psoas major, der vom unteren Rücken über das Becken bis zum Oberschenkel zieht.
Er reagiert sensibel auf Veränderungen im Bauchraum, da er anatomisch eng mit dem Dünn- und Dickdarm verbunden ist. Bei Patient:innen mit wiederkehrenden Darmbeschwerden zeigt sich oft ein verkürzter oder verspannter Psoas. Das kann zu einem Zug an der Lendenwirbelsäule führen, der sich als dumpfer Schmerz im unteren Rücken, in der Leiste oder im Hüftgelenk bemerkbar macht.
SIBO, Unverträglichkeiten und der Einfluss auf die Muskulatur
Ein häufiger Hintergrund solcher Spannungsmuster ist eine Dysbalance im Mikrobiom oder eine SIBO (Small Intestinal Bacterial Overgrowth). Durch eine Fehlbesiedelung des Dünndarms entstehen Gase, Entzündungsstoffe und Druckveränderungen, die über das enterische Nervensystem in Muskelspannung umgesetzt werden können.
Ähnliches gilt bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten, etwa gegenüber Laktose, Fruktose oder Histamin. Viele Patient:innen beschreiben dabei ein Aufgeblähtsein oder ein Spannungsgefühl im Bauch, das bis in den unteren Rücken zieht. Diese Spannung verändert die Atemmechanik, schränkt die Bewegung des Zwerchfells ein und führt langfristig zu einer Tonuserhöhung in der gesamten Lenden-Becken-Region.
Das viszerale Nervensystem als Vermittler
Die Verbindung zwischen Darm und Rücken verläuft über Nerven und Faszien. Das vegetative Nervensystem (besonders der N. Vagus und die sympathischen Fasern der Lendenregion) vermittelt Signale zwischen Organen und Muskulatur. Reize aus dem Darm können so reflektorisch Muskelspannung im unteren Rücken auslösen und umgekehrt kann eine dauerhafte muskuläre Anspannung den viszeralen Blut- und Lymphfluss beeinträchtigen.
Beobachtungen aus der Praxis
In der physiotherapeutischen Arbeit zeigen sich typische Muster:
- Eine Seite des Psoas ist deutlich verkürzt oder druckempfindlich, ohne dass strukturelle Rückenveränderungen vorliegen.
- Patient:innen mit bekannten Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Blähneigung berichten, dass sich Rückenschmerzen nach bestimmten Mahlzeiten verstärken.
- Nach Mobilisationen des Zwerchfells oder sanften viszeralen Techniken bessert sich die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule spürbar.
Solche Beobachtungen zeigen, dass Rückenschmerzen nicht immer ausschließlich orthopädisch sind, sondern über das viszerale System mitgesteuert werden.
Neurozentriertes Training als verbindender Ansatz:
Hier setzt das neurozentrierte Training an. Es versteht Bewegung, Haltung und Muskelspannung als Ergebnis neuronaler Verarbeitung. Wenn der Körper durch Reize aus dem Darm dauerhaft im Schutzmodus bleibt, verändert sich die Bewegungssteuerung.
Über gezielte Trainingsreize kann das Gehirn lernen, diese Spannung wieder neu zu regulieren. Wichtige Bausteine sind:
- Atemübungen, die das Zwerchfell mobilisieren und den Vagusnerv stimulieren.
- langsame Kopf- und Blickbewegungen, um das Gleichgewichtssystem und den Parasympathikus zu aktivieren.
- Körperwahrnehmung im Becken- und Bauchraum fördern, um unbewusste Schutzmuster zu lösen.
Diese Trainingsreize wirken nicht direkt auf den Darm, aber auf die Art und Weise, wie des Nervensystem auf innere Signale reagiert. So kann sich die muskuläre Balance im Rumpf normalisieren und Beweglichkeit verbessern.
Ganzheitliche Herangehensweise für nachhaltige Veränderung
Eine fundierte Behandlung berücksichtigt alle beteiligten Systeme:
- Physiotherapie: Mobilisation von Zwerchfell, Becken und Lendenregion, ergänzt durch neurozentriertes Training zur Spannungsregulation.
- Medizinische Diagnostik: Abklärung möglicher Unverträglichkeiten, Entzündungen oder bakterieller Fehlbesiedelungen.
- Ernährungs- und Stressmanagement: Stabilisierung des vegetativen Nervensystems über bewusste Ernährung, Atmung und Pausen.
Zusammenfassung: Darm und Rücken kommunizieren über Nerven, Faszien und das vegetative Nervensystem. Wenn der Darm aus dem Gleichgewicht gerät, durch Unverträglichkeiten, SIBO, oder chronische Reizung, kann das zu erhöhter Spannung im Psoas und zu Rückenschmerzen führen. Neurozentriertes Training kann helfen, diese Verbindung zu regulieren, indem es das Nervensystem in seiner Steuerfunktion stärkt.
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